Die Folgen des neuen RPG auf die Mehrwertabschöpfung

Die Folgen des neuen RPG auf die Mehrwertabschöpfung

Das revidierte Raumplanungsgesetz präzisiert die Bestimmungen zur Mehrwertabschöpfung: Planungsvorteile wie Ein- und Aufzonungen oder Mehrausnützungen im Zusammenhang mit Gestaltungsplänen sind mit einer Abgabe von mindestens 20 Prozent auszugleichen. Viele Kantone kennen schon eine solche Abgabe von bis zu 50 Prozent

2013 nahm das Schweizer Stimmvolk die Änderungen des Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG) mit grosser Mehrheit an. Im Wallis, Tessin und Graubünden allerdings überwog der Nein-Stimmen-Anteil, weil die Angst vor Auszonungen gross war. Das neue RPG will allzu grosse Bauzonen vermeiden und die Zersiedelung bremsen. Gemäss RPG sind die Bauzonen so festzulegen, dass sie dem voraussichtlichen Bedarf von 15 Jahren entsprechen. Überdimensionierte Bauzonen sind demnach zu revidieren. Rückzonungen wären die Folge. Neun Kantone weisen eine Auslastung von unter 95 Prozent aus, was bedeutet, dass sie die Bauzonenflächen reduzieren müssen. Es sind dies die Kantone Freiburg, Glarus, Graubünden, Jura, Neuenburg, Schaffhausen, Uri, Wallis und Zug.

Entstehen durch Planungen erhebliche Vor- und Nachteile, ist gemäss Art. 5 RPG ein «angemessener Ausgleich» zu leisten. Planungsvorteile sind mit einem Satz von mindestens 20 Prozent zu entschädigen. Die Abgabe wird bei der Überbauung des Grundstücks oder dessen Veräusserung fällig. Im Gegenzug hat das Gemeinwesen Planungen, die zu einer Eigentumsbeschränkung mit Enteignungscharakter führen, vollumfänglich zu entschädigen.

Fälle von Mehrwertabgeltungen

Fall 1:

Ein Grundstück wird von der Landwirtschafts- in die Bauzone eingezont. Es fallen Gebühren von mindestens 20 Prozent des Mehrwerts an. Angenommen, der Wert des Baulands beträgt Fr. 1000/m² und jener für das Landwirtschaftsland Fr. 10/m², dann ergibt sich daraus ein planerischer Mehrwert in der Höhe von Fr. 990/m². Multipliziert mit 20 Prozent resultiert daraus eine Mehrwertabgabe von Fr. 198/m². Der Mehrwert wird im Falle einer Überbauung des Grundstücks oder bei einer Veräusserung fällig.

Fall 2:

Eine Industriezone wird in eine gemischte Wohn- und Gewebezone umgezont. Auch hier fallen bei einer Überbauung oder bei einem Verkauf mindestens 20 Prozent des planerischen Mehrwerts als Mehrwertabgabe an. Unter planerischem Mehrwert ist bei einer Umzonung nicht etwa die Mehr- oder Mindernutzung in Form der Nutzungsziffer zu verstehen, sondern der Planungsmehrwert auf dem Grundstück. Wird nun also ein Grundstück von der Industrie- in eine Wohn- und Gewerbezone umgezont, kann dabei die Baumassenziffer von 5m³/m² auf 3.5m³/m² sinken. Technisch findet hier quasi eine «Abzonung» statt. Dennoch kann es zu einem höheren Landwert führen und damit eine steuerpflichtige Mehrwertabgabe zur Folge haben, weil der Ertragswert für eine überwiegende Wohnnutzung höher ist als bei einer reinen Gewerbenutzung.

Fall 3:

Die Bauzonenbestimmung bleibt unverändert, die Ausnützung kann jedoch über einen öffentlichen oder privaten Gestaltungsplan erhöht werden. Das führt zu einem planerischen Mehrwert. Hierzu gehören auch planerische Vorteile als Folge von Wettbewerben oder Quartierplänen.

Rückzonungen

Eine Studie von WüestPartner aus dem Jahr 2015 schätzte, dass sich der Entschädigungsbedarf für notwendige Auszonungen bis ins Jahr 2030 auf rund 12.2 Mrd. Fr. beläuft. Demgegenüber stehen mögliche Einnahmen aus Mehrwertabgaben von bis zu 25.7 Mrd. Franken. Der potenzielle Ertragsüberschuss fällt deshalb so gross aus, weil die Mehrwertabgaben vor allem in Kantonen mit hohen Baulandpreisen anfallen (ZH, GE, VD, ZG etc.), die Entschädigungspflichten für Rückzonungen jedoch in eher finanzschwachen Kantonen (VS, TI).

Unsicherheiten

Ungelöst ist, wie sich die Mehrwertabschöpfung bei Baurechten verhält. Ist nur der Baurechtsgeber (Grundeigentümer) oder auch der Baurechtsnehmer steuerpflichtig? Die Baurechtsbestimmungen legen meist fest, was für ein Gebäude der Baurechtsnehmer erstellen darf. Bei einer Auf- oder Umzonung kann der Baurechtsnehmer die höhere Ausnützung oder die neu erlaubte Nutzung nur realisieren, wenn der Baurechtsgeber einverstanden ist und der Baurechtsvertrag angepasst wird. Dies wird er jedoch nur tun, wenn gleichzeitig auch der Baurechtszins angepasst, sprich erhöht wird. Dies könnte so ausgelegt werden, dass sowohl der Baurechtsgeber als auch der Baurechtsnehmer der Mehrwertabschöpfung unterliegen, weil beide von der Planungsrevision profitieren. Dieser Schlussfolgerung stehen jedoch zahlreiche Aussagen, wonach sich der planerische Mehrwert dem Grundstück bemisst, entgegen. Die rechtliche Auslegung ist hier noch offen.

Bewertungen zur Berechnung des Mehrwerts

In der Praxis häufen sich die Bewertungsmandate im Zusammenhang mit der Mehrwertabgabe. Auslöser sind nicht Einzonungen, sondern so genannte «planerische Mehrwerte», vor allem im Zusammenhang mit Gestaltungsplänen. Mehrere Eigentümer gründen zum Beispiel eine Interessengemeinschaft mit dem Ziel, ihre Grundstücke gemeinsam und mithilfe eines Gestaltungsplans zu entwickeln. Oft ist die Behörde an der IG beteiligt oder hat sogar den Vorsitz.

In einem ersten Schritt werden alle Grundstücke auf Basis der geltenden Bau- und Zonenordnung bewertet. Dabei wird nicht der aktuelle Marktwert des Grundstücks ermittelt, sondern der (absolute) Landwert bei voller Ausnützung, ungeachtet der momentanen Bebauung. Das aktuelle Gebäude und dessen Zustand werden ausser Acht gelassen. In einem zweiten Schritt werden die Grundstücke nach der neuen Zonenvorschrift und bei maximaler Ausnützung bewertet. Herausforderungen in der Bewertung der zukünftigen Nutzung ergeben sich, wenn die heutigen Grundstücke umgestaltet werden, die einen Grundeigentümer also ein grösseres, andere ein kleineres Grundstück erhalten. Es kann auch sein, dass Teile eines Areals höher oder intensiver als andere bebaut werden dürfen oder gewisse Bereiche als Parkareal freigehalten werden müssen. Die Differenz der beiden Landwerte bildet dann die Basis für die Mehrwertabschöpfung. In solchen Fällen stehen die Grundeigentümer zusätzlich vor der Herausforderungen der internen Wertausgleiche.

B&O IMMO GmbH, Pfäffikon SZ, Stand 2019

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