Bewertung von Eigentumswohnungen

Bewertung von Eigentumswohnungen

Die Bewertung von Eigentumswohnungen hat in der Praxis an Bedeutung zugenommen, weil mehr Eigentumswohnungen als Einfamilienhäuser gebaut werden. Auch bei der Bewertung von Eigentumswohnungen stellt sich – wie bei den Einfamilienhäusern – das Thema des konsumtiven Nutzwertes, denn die Eigentumswohnungen dienen meistens der Eigennutzung.

Der Ertragswert einer Stockwerkeinheit lässt sich einfacher ermitteln als der Substanzwert. Auch der Mietwert ist einfacher zu bestimmen als für ein Einfamilienhaus.

Schwierig gestaltet sich dagegen die Ermittlung des Substanzwertes einer Eigentumswohnung, weil auch die gemeinschaftlichen Teile, wie die Gebäudehülle, das Treppenhaus, die Technikräume sowie der Grund und Boden mit einzubeziehen sind. Der Wertanteil an diesen gemeinschaftlichen Teilen ist auf die zu bewertende Einheit umzulegen, was mit Hilfe der Wertquote einfach möglich ist, aber nicht in jedem Fall den massgebenden Wert widerspiegelt. Schwieriger ist es, den massgebenden Neubauwert zu bestimmen. Wird der Gebäudeversicherungswert der Gesamtliegenschaft genommen, ist nicht klar, ob damit der Ausbaustandard aller Wohnungen abgebildet wird.

In der Bewertungspraxis hat sich daher statt einer Substanzwertbewertung die Vergleichswertmethode durchgesetzt.

Substanzwertmethode

Trotz eingangs erwähnter Nachteile bei der Anwendung der Substanzwertmethode soll diese auf zwei verschiedene Varianten aufgezeigt werden. Die einfachste Berechnung ist die Ableitung vom Gebäudeversicherungswert mit Hilfe der Wertquote. Dabei sind die Umgebungs- und Baunebenkosten mit zu berücksichtigen, weil diese im Gebäudeversicherungswert nicht enthalten sind.

Die Berechnungsweise impliziert, dass der Gebäudeversicherungswert den Ausbaustandard aller Wohnungen widerspiegelt, was erfahrungsgemäss meist nur direkt nach der Fertigstellung der Fall ist. In den späteren Jahren renovieren oder sanieren die Eigentümer ihre Wohnungen, ohne dass sie dies bei der Gebäudeversicherung anmelden und ohne, dass die Wertquote sich anpassen würde. Die Wertquote ist in diesem eine schlechte Grösse zur Bemessung des Wertes.

Wenn die Substanzwertmethode zur Anwendung kommen soll, empfiehlt sich eine Bewertung, welche sich allein auf den Ausbaustandard und den Zustand der Wohnung abstützt. Bei dieser Betrachtung müssen jedoch das anteilsmässige Volumen bzw. die Kosten für die gemeinschaftlichen Gebäudeteile miteinbezogen werden. Dazu muss der Zustand dieser Gebäudeteile bekannt sein. Basis bildet die Hauptnutzfläche für die Wohnung. Diese Hauptnutzfläche wird mit Hilfe eines Umrechnungsfaktors auf die Geschossfläche umgerechnet. Die Geschossfläche beinhaltet die anteilsmässigen Flächen für die Konstruktion (KF), die Erschliessung (EF) und die Funktionsflächen (FF). Erfahrungsgemäss macht die Hauptnutzfläche bei einem normalen Mehrfamilienhaus 60% der Geschossfläche aus. Wenn die Hauptnutzfläche im nachfolgenden Beispiel 150 m² ausmacht, ergibt sich daraus eine Geschossfläche von 250 m².

Der anteilsmässig Landwert kann am einfachsten mit Hilfe der Lageklassenmethode berechnet werden. Die massgebende Lageklasse bestimmt sich aus fünf Unterkriterien für den Standort, die Nutzung, die Lage, die Erschliessung und die Marktsituation. Im obigen Beispiel wurde eine Lageklasse von 6 ermittelt. Pro Lageklasse gilt eine Wertanteil von 6.25% des Landwertes am Gesamtwert. Weil sich der Gesamtwert aus den Teilwerten für die Baukosten und den Landwert ergibt, muss der Landwert mit Hilfe eines Dreisatzes berechnet werden. Wenn der Gesamtwert 100% und der Landwert 37.5% (6 x 6.25%) ausmacht, dann bleibt für die Baukosten ein Anteil von 62.5%. Die Baukosten werden somit durch den Anteil von 62.5% geteilt und mit 37.5% multipliziert, um den Landwert zu erhalten.

Barwertmethode

Die Bewertung einer Eigentumswohnung mit Hilfe der Barwertmethode hat viele Vorteile, weil damit Ungewissheiten im Zusammenhang mit dem Einbezug der Flächen im Miteigentum fast vollständig wegfallen. Einzig bei den zukünftigen Sanierungskosten müssen die anteilsmässigen Kosten der gemeinschaftlichen Teile (Gebäudehülle, Lift, Heizung etc.) berücksichtigt werden. Bei Eigentumswohnungen in Anlehnung an die Methode Fierz bildet jene Marktmiete die Basis, welche von einem Dritten verlangt werden könnte. Je nach Lage der Wohnung wird auf dem Mietertrag ein konsumtiver Nutzungszuschlag hinzugerechnet. Für eine äusserst begehrte Dach-, Attika- oder Terrassenwohnung mit Aussicht kann ein Zuschlag von 50 % gerecht fertigt sein. Ansonsten liegt der Zuschlag bei 25 % oder tiefer.

Vergleichswertmethode

Eigentumswohnungen sind eher miteinander vergleichbar als Einfamilienhäuser. Daher würde sich diese Bewertungsmethode aufdrängen. Es bleibt jedoch die Herausforderung der fehlenden Marktdaten. Daher erfolgt eine Bewertung mit Hilfe der indirekten Vergleichswertmethode. Basis bildet die Hauptnutzfläche der Wohnung. Die Besonderheiten der Aussennutzflächen oder der Nebennutzflächen werden mit Zuschlägen berücksichtigt. Diese Berechnungsweise hat den Vorteil, dass die Unterschiede der Haupt-, Nebennutz- und Aussennutzflächen besser und transparenter in die Annahmen einfliessen können.

Der Wert der Aussen- und Nebennutzflächen wird in Prozenten des Wertes für die Hauptnutzfläche bestimmt. Die Höhe des prozentualen Anteils hat einen Zusammenhang mit dem Ausbaustandard (z. B. Bastelraum), aber auch mit der Lage (z. B. Aussicht, Besonnung) und der Grösse (z. B. Garten, Terrasse). Ist die Aussennutzfläche besonders gross, nimmt der Nutzen ab einer gewissen Grösse ab und der Prozentsatz muss reduziert oder die Fläche in zwei Teilen bewertet werden (Prinzip des abnehmenden Grenznutzens, nach dem ersten Gossen’schen Gesetz. Eine Terrasse von 100 m² hat nicht doppelt so viel Wert, wie eine solche von 50 m², weil ab einer gewissen Grösse der Mehrnutzen abnimmt). Hat eine Wohnung mehrere Aussennutzflächen, so empfiehlt sich eine Einzelbetrachtung je nach Wert der Nutzung (z. B. Gartensitzplatz im Bereich Wohnzimmer hat einen höheren Wert als der Balkon beim Elternschlafzimmer oder auf der Rückseite).

Weitere Zuschläge für die Parkierung, den Bastelraum, für den Aussenpool, die Photovoltaikanlage sind möglich.

Die Entwertung kann am besten mit der Barwertmethode ermittelt werden. Der Barwert der drei Sanierungszyklen mit einer Summe von 441'000 diente als Basis für die Entwertungen in der Substanzwert- und der Vergleichswertmethode. Weil die Summe der Entwertung von 441'000 jeweils einen anderen Bezug hat (Substanzwertmethode: Entwertung im Verhältnis der Neubaukosten BKP 1 bis 5. Vergleichswertmethode: Entwertung im Verhältnis des Verkaufspreises) fällt der prozentuelle Anteil jeweils unterschiedlich aus. Die Höhe der Entwertung muss in jedem Fall mit den Annahmen in den verschiedenen Methoden übereinstimmen.

 Plausibilisierung Ergebnisse

Nach der Lehre von Kaspar Fierz (Immobilienökonomie und Bewertung von Liegenschaften) gibt es nur einen Marktwert. Wenn die Bewertung mit Hilfe von mehreren Methoden erfolgt, müssen die Ergebnisse vergleichbar sein. Grössere Abweichungen in den Methodenergebnissen müssen hinterfragt und die Annahmen allenfalls nochmals neu eingeschätzt werden. Es darf nicht einfach der Mittelwert von völlig unterschiedlichen Ergebnissen als Basis für den Marktwert genommen werden.

Das Ergebnis muss mit den Marktdaten plausibilisiert werden. Dies kann entweder «absolut», das heisst der geschätzte Marktwert von z. B. CHF 1'382'000 kann mit dem Wert einer vergleichbaren Wohnung verifiziert werden. Oder der geschätzte Marktwert wird auf den Kennwert pro Hauptnutzfläche umgerechnet, um damit die Vergleichbarkeit zu ermöglichen.

Im Vergleich zur Referenzwohnung gemäss Fahrländer Partner (siehe nachfolgende Tabelle) ist der Kennwert «Marktwert pro m² HNF» für eine 4.5-Zimmerwohnung von CHF 8’075/m² HNF tiefer als für die geschätzte Wohnung mit einem Kennwert von CHF 9’213/m² HNF. Der Marktwert von CHF 1'382’000 liegt ebenfalls markant höher, was sich in der Hauptnutzfläche von 150 m² statt von 120 m² erklärt. Die sonstigen höheren Werte oder Kennwerte können sich nur in einer überdurchschnittlichen Mikrolage und/oder in einem überdurchschnittlichen Ausbaustandard erklären. Trifft dies nicht zu, müssen die Annahmen nochmals hinterfragt und allenfalls neu eingeschätzt werden.

B&O IMMO GmbH, Januar 2024

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